Predigt von Sr. Eminenz Erzbischof Kardinal Christoph SCHÖNBORN am 26.02.10 in der Augustinerkirche anlässlich des Requiems für IKKH Erzh. REGINA von HABSBURG
(Nach einer Mitschrift)
Wir empfehlen der Barmherzigkeit GOTTES eine große Frau, eine treue Gattin, eine liebende Mutter und eine vorbildliche Christin. „Niemand ist heilig, nur der HERR“ (1 Sam 2,2). Wenn Menschen heilig oder selig genannt werden, wie etwa der Schwiegervater der Erzherzogin, der selige KARL von Österreich, so ist es die Heiligkeit GOTTES, die durch einen solchen Menschen durchschimmert. „Niemand ist heilig, nur der HERR“ – angesichts des Todes wird alle menschliche Größe verschwindend klein. Und doch zugleich erst richtig groß. „..denn außer dir gibt es keinen (Gott)“: so setzt HANNA, die Mutter SAMUELs, ihr Gebet fort. Unsere irdischen GÖTTER werden alle relativ vor der Macht des Todes – er betrifft Kaiserinnen und arme Witwen. Im Tod wird aber auch sichtbar, wo die wahre Größe liegt. Wenige Herrscherfamilien haben so lebhaftes Bewusstsein gepflegt, dass wir vor dem Tod alle arme Sünder sind, die um Einlass in das Reich GOTTERS bitten müssen. Größe und Erniedrigung hat das Haus Österreich gekannt, und in der Erniedrigung hat es seine Größe besonders gezeigt.
Erzherzogin REGINA ist schon in die Zeit nach der Monarchie geboren, anders als ihr Gemahl, der noch die letzten Tage des Kaiserreichs erlebt hat. Die tragischen Folgen des Ersten Weltkrieges – dieses großen Sündenfalls Europas – haben ihr Leben stark geprägt: Nationalsozialismus und Kommunismus, diese Drachensaat des Völkermordens, haben das Leben ihrer Familie mitbestimmt – der Tod des Vaters im russischen Lager, der Tod des Bruders im Zweiten Weltkrieg, der Verlust der Heimat.
In einem Flüchtlingsheim für Ungarn lernt sie ihren künftigen Gemahl kennen – auch das eine Folge der beiden Weltkriege. Seinem großen Werk des Wiederaufbaus Europas hat sie gedient durch ihre stete Hilfe an Seiner Seite. Er hat für das gekämpft, was der Erste Weltkrieg und der Nationalsozialismus-Wahn zerstört hatte: die Einigung Europas. Sie hat dabei auf die Wurzeln verwiesen, aus denen allein Europa wieder zusammenfinden könnte, über alle politischen und wirtschaftlichen Einigungs-bemühungen hinaus – auf die Bedeutung der Familie, der gelebten Nächstenliebe und vor allem eines gelebten Glaubens.
Man soll mit dem Adjektiv "heilig" sparsam umgehen - aber weil ein heiliger Mensch einer ist, der etwas von der liebenden Zuwendung GOTTES erahnen lässt, der durch seine bloße Gegenwart inmitten dieser doch sehr rational gewordenen Welt einen Blick in eine viel größere Realität erlaubt, der einem die Angst vor dem Tod nehmen kann und Mut macht auf den Himmel hin – dann war REGINA ein heiligmäßiger Mensch