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Liebe Mitglieder der Gebetsliga!
Auch nach der Seligsprechung des Kaisers und Königs Karl behält die Gebetsliga ihre Daseinsberechtigung, denn ihr Kernziel bleibt unangetastet.
Das Kernziel der Gebetsliga ist es, das Geschenk, das Gott uns Menschen in der Person Kaiser Karls gemacht hat, ganz anzunehmen. Das können wir tun, wenn wir uns vom Leben und Sterben des seligen Karl aus dem Hause Österreich bewegen, anspornen, ermutigen und prägen lassen.
Die Kirche hat durch die Seligsprechung dieses Gnadengeschenk Gottes unwiderruflich angenommen, durch die gründliche Prüfung des Prozesses die vorgebrachten Gegenargumente widerlegt und in der neu ermöglichten liturgischen Verehrung eine weitere Ebene für die Verbreitung der Spiritualität des seligen Kaiser Karl angeboten. Somit haben wir eine bestätigte, bekräftigte und erweiterte Grundlage unserer Arbeit in der Liga. Und nun gilt es, uns dieses Geschenks würdig zu erweisen.
Natürlich bemühen wir uns, diese Grundlage noch zu erweitern, und arbeiten daher für die Heiligsprechung des seligen Karl von Österreich. So ist es auch im neuen Statut der Liga festgehalten. Wir wollen ja nicht auf halbem Wege stehen bleiben. Aus dem Statut geht aber auch klar hervor, dass das neue Ziel der Heiligsprechung kein Selbstzweck, sondern Mittel für das eigentliche Ziel der Christusnachfolge ist.
Das geistliche Fundament der Gebetsliga wird im neuen Statut so zusammengefasst:
- Die Mitglieder der Gebetsliga bemühen sich
- im Geiste des seligen Kaiser Karl Christus nachzufolgen, d.h.
- den Willen Gottes in ihrem täglichen Leben zu suchen und zu befolgen,
- sich für Frieden und Gerechtigkeit in allen Lebensbereichen von Familie und Beruf bis zur Gemeinschaft der Völker einzusetzen,
- für alles Unrecht in der Geschichte Gott stellvertretend um Verzeihung zu bitten und Sühne anzubieten, d.h. Christus auch am Ölberg und auf Golgota nahe zu sein und mit ihm die Last der anderen zu tragen – durch Gebet, Einsatz für den Nächsten und Opfer.
In diesem Sinn verpflichten sie sich
- täglich das Ligagebet zu beten
- mindestens einmal monatlich die hl. Messe in diesem Sinn mitzufeiern
- nach Möglichkeit an der Friedenswallfahrt, den Gebetsabenden, Exerzitien und Vorträgen der Gebetsliga teilzunehmen und
- sich für die Heiligsprechung des seligen Karl aus dem Hause Österreich einzusetzen.
Die vertrauensvolle Verbundenheit mit Gott im Gebet war Grundlage für das Glaubensleben und Wirken des seligen Kaiser Karl. Davon wollen wir uns inspirieren lassen, daher sind wir eine Gebetsliga. Das Gebet bringt unser Vertrauen und unsere Hoffnung entgegen allen Widrigkeiten dieser Zeit zum Ausdruck. In ihm erfahren wir die Ermutigung und Bestärkung. Dem hörend sich öffnenden Beter eröffnet Gott immer klarer seinen Willen.
Aus dem Gebet heraus entfaltet sich so immer deutlicher unser persönlicher und gemeinschaftlicher Auftrag. Es geht nicht um unsere Vorschläge an Gott, sondern um unser Hören auf ihn.
Aus der spezifischen Spiritualität Kaiser Karls und seinem Handeln in der Welt ergeben sich aber auch konkretere Linien für unseren Auftrag: Wir sind eine Gebetsliga für den Frieden der Völker. Für diesen Frieden hat der selige Karl sein Leben vorbehaltlos eingesetzt und letztlich hingegeben. Der Friede ist die Aufgabe des christlichen Königs schlechthin. Aus unserer königlichen Würde als Glieder des Leibes Christi folgt auch eine Teilhabe an dieser Pflicht. Unser Einsatz gilt daher im besonderen dem Frieden auf allen Ebenen – in unseren Familien und engsten Gemeinschaften, in allen wirtschaftlichen und kulturellen Gebieten, zwischen den Völkern und den Religionen, bis hin zur großen Familie der Menschheit und der Beziehung von Mensch und Natur. Die Mittel, die Gott uns geschenkt hat, haben wir dafür einzusetzen. Und inspiriert von unserem seligen Patron sollen wir nicht verzagen, wenn uns diese Mittel für die Größe der Aufgabe zu gering erscheinen. Christus überwindet selbst die Grenze des Todes und eröffnet eine Zukunft in seinem Reich der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens.
Dieser Friede ist kein Friede, wie die Welt ihn gibt. Er kann nie auf Unterdrückung, Hass und Gewalt gegründet sein. Er lässt sich nicht durch bequeme Kompromisse und unwahrhaftiges Verschweigen erlangen. Er kann nur im Lichte dessen bestehen, der der Weg die Wahrheit und das Leben ist.
Dieser Friede muss auf Gerechtigkeit basieren. Diesen Zusammenhang hat der selige Kaiser Karl immer wieder angesprochen und in seinem Handeln angezielt. Sein beispielhaftes soziales Handeln inspiriert sich nicht zuletzt aus dem Ziel des Friedens. Gerechtigkeit findet sich aber keineswegs in einer menschenverachtenden Gleichmacherei, sondern im Respekt vor der spezifischen Würde eines jeden Menschen in seiner Eigenart und Freiheit und daraus folgend einer Förderung der Entfaltung seiner Talente, damit jeder seinen Dienst an der Gemeinschaft sinnvoll erfüllen kann – auch das sehen wir in Haltung und Handel des seligen Kaisers ganz klar.
All unser Mühen – nicht zuletzt das lauterste und beste – steht immer wieder unter dem Zeichen des Scheiterns, aus widrigen Umständen, wegen negativen Handelns und aus eigenem Versagen. Unser christliches Hoffen und Glauben zerbricht nicht an diesem Scheitern. Dafür ist der selige Kaiser Karl ein leuchtendes Leitbild. Selbst das unverschuldete Leid ist nicht zur Sinnlosigkeit verdammt, sondern kann als Teilhabe am Kreuzesleiden Christi Element der Heilsgeschichte werden.
Das Symbol der Gebetsliga ist das von der Dornenkrone umwundene Kreuz, der Wahlspruch lautet: oratio et satisfactio. Gebet und Sühne sind unser Einsatz, Grundlage unseres hoffentlich vielfältigen aktiven Wirkens. Sühne meint nicht ein kleinliches Abbezahlen von Schulden, sondern Solidarität und Mittragen des Lebens und Leidens unserer Mitmenschen. Wir glauben an den liebenden und erlösenden Sinn unserer Wirklichkeit, den Gott uns in seinem Sohn eröffnet und schenkt. So glauben wir an das Angebot Christi zur Mitwirkung in seinem Reich. Näher können wir in dieser Welt Gott nicht sein, als in diesem Mittragen und Mitwirken.
Wenn wir nun hier und heute einen Blick auf eine weitere Konkretisierungsebene unserer Aufgaben werfen, so wollen wir drei Perspektiven ins Auge fassen:
- Der selige Kaiser Karl war mit ganzem Herzen und ganzem Einsatz Soldat. Ganz bewusst zeigt uns auch das am Gobelin der Seligsprechung die Uniform: Seine Haltung entspricht – entgegen der damals modernen menschenverachtenden und menschenvernichtenden Doktrin des Sozialdarwinismus – ganz einem aktuellen Leitbild der respektvollen Führung und des entschiedenen, mutvollen Kampfes für den Frieden. Es ist daher naheliegend, den seligen Kaiser Karl als Patron der Soldaten zu verehren.
- Kaiser Karl hat vor seinem Tod gesagt: „Ich muss soviel leiden, damit meine Völker wieder zusammenkommen.“ Im Jahr der Seligsprechung haben viele dieser Völker unter dem Dach der Europäischen Union eine neue Verbindung eingehen können. Am Jahrestag der Seligsprechung fiel auf geradezu wunderbare Weise die Blockade gegen den Beitritt Kroatiens. Es ist uns im Gebet und in all uns geschenkten Wirkmöglichkeiten ein Anliegen, das Zusammenfinden der Völker, die dem seligen Karl anvertraut waren, im europäischen Friedensprojekt zu fördern. Und es ist unsere Aufgabe, dafür einzutreten, dass dieses Friedensprojekt, wie seine Gründer es anstrebten, vom Geist des Evangeliums beseelt sei. Das Engagement für den Bezug auf Gott in der Europäischen Verfassung wird von uns nicht aufgegeben – mögen die Widerstände noch so groß sein und unüberwindlich erscheinen.
- An der Feier der Seligsprechung Kaiser Karls in Rom hat auch der Präsident des Kosovo, Rugova, ein Moslem, teilgenommen. Etliche von uns haben mit eigenen Augen gesehen, wie er respektvoll dem Heiligen Vater die Hand küsste. Auch der höchste islamische Geistliche von Sarajewo war bei der Feier anwesend – voll des Lobes über den seligen Kaiser Karl. Wie Kaiser Karl die Friedensbemühungen Papst Benedikt XV. aufgenommen und mitgetragen hat, wollen wir das epochale Friedensunternehmen unseres Heiligen Vaters Papst Benedikt XVI. mit all unseren Kräften unterstützen. Seine Einladung zu einem offenen und ehrlichen, respektvollen und deutlichen Dialog mit den Muslim unter dem Anspruch einer Vernunft, die Gott nicht ausschließt, wollen wir mit Herz und Verstand mittragen. In gläubiger Aufrichtigkeit, einsichtsvoller Demut und vor allem in der Liebe Christi können wir wagen, was Zynikern unmöglich erscheinen mag: Friedensbemühungen, die den Menschen materiell und spirituell umfassen.
Der selige Kaiser Karl leite, begleite und stärke uns dazu.
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