von DDr. Reinhard Knittel (Hrsg.)
Mit kirchlicher Druckerlaubnis vom 6. 9. 1998
Bischof Dr. Kurt Krenn, St. Pölten
Ursprüngliche Novene hat veröffentlicht 1998, 2004
Hat revidiert nach dem Seligsprechung auf 3. Oktober 2004, 2005
Gebete um die Heiligsprechung des Seligen Kaiser Karl
Öffnung Gebet:
Himmlischer Vater, Du hast Deiner Kirche und dem Gottesvolk in Kaiser Karl einen Menschen geschenkt, der uns ein tiefes Glaubensleben überzeugend vorlebte.
Sein Handeln als Regent, aber auch sein persönliches Leben als Familienvater waren zutiefst von den Grundsätzen des katholischen Glaubens geprägt. Seine Liebe zum eucharistischen Herrn wuchs in der Prüfung und er besiegelte seine Einswerdung mit Christus durch sein Lebensopfer für seine Völker. Der Gottesmutter geweiht, ging Kaiser Karl mit dem Rosenkranz durch das Leben.
Stärke uns durch seine Fürbitte, wenn Mutlosigkeit, Kleinmut, Verlassenheit, mangelnde Vergebungsbereitschaft und Krankheit uns bedrücken. Laß uns Deinen getreuen Diener nachahmen und selbstlos unseren Mitmenschen dienen nach Deinem Willen.
Erhöre seine Bitten und hilf mir in meinem Anliegen ... Hilf, dass der selige Kaiser Karl bald für die Heiligsprechung würdig gehalten wird, zu Deiner Verherrlichung, zum Lob Mariens und zum Segen für die Kirche.
Amen.
Schlussgebet:
Gott, unser Vater, Du hast uns im seligen Kaiser Karl ein Vorbild geschenkt.
Er hat in gläubigem Vertrauen sein schweres Amt in schwierigster Zeit übernommen. Er hat sich allein an Deinem Sohn, dem wahren König, orientiert. So führte er sein Leben in Bescheidenheit, in herzlicher Liebe zu den Armen und in selbstlosem Einsatz für den Frieden. Auch im Elend der Todesnot vertraute er ganz auf Dich und hat alles in Deine Hand gelegt.
Allmächtiger und barmherziger Vater wir bitten Dich, schenk uns auf die Fürsprache des seligen Kaiser Karl auch in schwierigen Situationen bedingungsloses Vertrauen in Dich – und den Mut, allein dem Beispiel Deines Sohnes zu folgen. Öffne unserem Einsatz für den Frieden in den Familien und zwischen den Völkern. Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn.
Amen.
1. Tag:
Verehrung der Heiligsten Eucharistie
Selige Karl lebte unter der Sonne der Heiligsten Eucharistie. Die Gnadenstrahlen dieser Sonne zogen ihn an, so daß er Besuchungen des Tabernakels liebte. Inmitten von anstrengenden Regierungsgeschäften blieb er vereinigt mit Jesus im Tabernakel. Einmalig ist seine Konzentration beim Heiligen Meßopfer und die Tiefe seines Gebets. Kaiser Karl bemerkte oftmals nicht das Sammeln mit dem Klingelbeutel und damit er in seiner Andacht nicht gestört wurde, warf Kaiserin Zita für ihn das Opfergeld in den Beutel.
P. Marcus Carnot sagte über Kaiser Karl: „Es mochte in Disentis noch soviel Schnee liegen oder fallen, Kaiser Karl war pünktlich in der Marienkirche zur Hl. Messe und zur Hl. Kommunion während der Messe, bei der gewöhnlich Kronprinz Otto noch in seinen Knabenlocken, zu ministrieren hatte ...”
Während seiner tödlichen Erkrankung hatte er große Sehnsucht nach dem Empfang der Heiligen Kommunion. Aus Ehrfurcht verzichtete er einmal auf den Empfang, da er eine Profanation befürchtete wegen seines ständigen Hustens. Merkwürdigerweise hörte der Husten des Kaisers während der heiligen Handlung völlig auf. Ein anderes Mal fühlte er sich innerlich vom Herrn gedrängt zu kommunizieren, was auch geschah, da der zelebrierende Priester zusätzlich eine Hostie konsekriert hatte. Kaiser Karl liebte es, die Tür von seinem Krankenzimmer ganz öffnen zu lassen, um den Altar sehen zu können.
Wie Kaiser Karl gelebt hatte, so starb er. Im Leben war er mit dem eucharistischen Herrn eins, so sollte er es auch im Tode sein. Eine halbe Stunde vor seinem Sterben wünschte er zu kommunizieren. Das müde Antlitz des Sterbenden strahlte in Freude auf, als er die Heilige Kommunion empfing. Dieses Strahlen begleitete ihn hinüber in die Ewigkeit.
Pater Zsamböki hielt ihm das Allerheiligste dicht vor die Augen. In Gegenwart des eucharistischen Herrn verschied er mit den Worten: „Dein Wille geschehe, Jesus, Jesus, komm!” Mit dem letzten Atemzug hauchte er: „Jesus!”
Jetzt durfte er das ewige Licht schauen, das er in seiner Kapelle immer so sorgfältig angezündet und betreut hatte.
Gebet:
Mein Herr und Gott, nach dem Vorbild des Dieners Kaiser Karl will ich Dich oftmals im Tabernakel besuchen und mit inniger Sehnsucht im Heiligsten Sakrament der Eucharistie empfangen. Gewähre mir mein Anliegen (...) auf die Fürsprache des seligen Kaiser Karl.
2. Tag:
Ein Kaiser nach dem Herzen Jesu
„Jesus, sanftmütig und demütig von Herzen, bilde unser Herz nach Deinem Herzen.” Der Diener Gottes ließ sein Dulderherz durch das Göttliche Herz Jesu formen.
Wie sehr wurde sein Herz dem Herzen Jesu gleichförmig durch Heimat- und Besitzlosigkeit, Verkennung, Verleumdung, Verfolgung, sein freiwilliges Lebensopfer und zuletzt seine schmerzliche Todeskrankheit.
Sehr ernst nahm der Kaiser seine Standespflichten. Wegen seiner Krankheit wollte Kaiserin Zita vermeiden, daß ihr Gemahl sich überanstrenge. Aus diesem Grunde bat sie ihn, auf das Vorlesen aus den Zeitungen zu verzichten. Kaiser Karl antwortete ihr: „Es ist meine Pflicht, auf dem laufenden zu bleiben, nicht mein Vergnügen. Bitte, lies!”
Die Andacht zum Heiligsten Herzen Jesu stärkte den Kaiser während seiner schmerzhaften Krankheit. Zu Gräfin Mensdorff sagte er: „Es ist doch gut, daß es ein Vertrauen auf das Heiligste Herz Jesu gibt. Sonst wäre das alles nicht zu ertragen.”
Während seiner Krankheit lag stets ein Herz-Jesu-Bild unter dem Polster des Kaisers. - Kaiserin Zita nahm das Herz-Jesu-Bild hervor und hielt es dem Kaiser vor Augen. Sie sagte, es sei unbedingt nötig, daß er ein wenig Schlaf finde, und er möge den Heiland darum bitten. Kaiser Karl blickte auf das Bild und er sagte eindringlich und voll Vertrauen: „Lieber Heiland, bitte, laß mich schlafen.” Er schlief ein und sein Schlaf dauerte 3 Stunden.
Am 2. Oktober 1918 weihte Kaiser Karl sich und seine Familie dem Heiligsten Herzen Jesu.
Gebet:
Mein Herr und Gott, nach dem Vorbild des Dieners Gottes, Kaiser Karl will auch ich mich Deinem Heiligsten Herzen weihen. Gewähre mir mein Anliegen (...) auf die Fürsprache des seligen Kaiser Karl.
3. Tag:
Das Opfer des Lebens
„Es hat keiner eine größere Liebe als jener, der sein Leben hingibt für seine Freunde.”
Als der selige Kaiser Karl in der Verbannung auf der Insel Madeira war, hatte er bereits große Opfer gebracht.
Er verlor die Heimat, man beleidigte seine Standesehre und sein Privatvermögen wurde enteignet. Mittellos mit sieben Kindern in einem feuchten Haus auf einer fernen Insel unter fremden Menschen zu leben, erforderte heroische Opferbereitschaft.
Als Kaiser Karl alles geopfert hatte, blieb ihm zuletzt noch sein eigenes Leben. Im Gebet rang er sich zu der Überzeugung durch, daß Gott für seine Völker dieses letzte und höchste Opfer zur Rettung seiner Völker von ihm wünschte.
Zeit seines Lebens ging der Kaiser, wenn möglich täglich, zur Heiligen Kommunion. Jetzt legte er geistigerweise auf die Patene beim Heiligen Meßopfer zum göttlichen Opferlamm sich selbst und gab sich gänzlich dem Willen des Vaters hin.
Die Lieblingskirche des Kaisers war „Nossa Senhora do Monte”, die man in der Ferne sah. Zu Kaiserin Zita sprach er darüber, daß Gott von ihm sein Leben fordere für die Rettung seiner Völker.
Die fassungslose Gemahlin vermochte darauf nichts zu erwidern. Mit einem erneuten Blick auf die Marienkirche sagte Kaiser Karl: „Und ich werde es tun!”
Wie sehr Gott das Versprechen Kaiser Karls annahm beweist seine baldige Erkrankung, die zum Tode führen sollte.
In prophetischer Voraussicht erkannte der hl. Papst Pius X. den Wert des Lebensopfers von Kaiser Karl, denn er sagte von ihm, daß er nach seinem Tode zum Segen würde für seine Völker.
Gebet:
Mein Herr und Gott ich danke Dir für das Lebensopfer von Kaiser Karl. Hilf mir, daß auch ich Dir nach seinem Vorbild kein Opfer verweigere. Gewähre mir mein Anliegen (. . .) auf die Fürsprache des seligen Kaiser Karl.
4.Tag:
Teilnahme an der Passion Christi - Größe im Leiden
Nach seiner Übersiedlung im Exil in die feuchte Villa auf dem Berg von Funchal wußte Kaiser Karl noch zu sagen: „Es geht uns unverdient gut.” Er blieb in seinem Wesen heiter und ausgeglichen.
Mit Christus wurde er zum Kreuzträger seines Volkes. Verbannung, Sorge um das Wohl seines Landes, seiner Familie, unzureichende Nahrungsmittel, Kälte, mangelnde medizinische Versorgung, all das ließ seine Seele zu einem Abbild des Gekreuzigten werden.
Er trug mit Christus Dornen, einen Spottmantel und ohne Rücksicht auf seine Königswürde gaben ihm die Feinde das Schilfrohr in die Hand. Geheimnisvoll durchlitt der Kaiser mit Christus die einzelnen Stationen des Kreuzweges. Angefangen bei der ersten Station, seiner Verurteilung und Verbannung. Auch der Verrat durch engste Freunde blieb ihm nicht erspart.
Dabei wußte Kaiser Karl noch zu sagen: „Ich bin dem lieben Gott dankbar für alles, was Erschickt.”
Mit Jesus litt er am Ölberg: Als Kaiser Karl das furchtbare Schwitzen während seiner Todeskrankheit kaum mehr aushielt, sagte er zu Erzherzogin Maria Theresia: „Ich bitte dich, Großmama, sieh zu, daß ich nicht so schwitzen muß.” - „Die Ärzte sagen, daß es dir guttut.”
„Aber ich fürchte, ich werde es nicht mehr lange aushalten können.” Die Erzherzogin wies mit der Hand auf das Kruzifix und sagte: „…Der für uns Blut geschwitzt hat.” Kaiser Karl folgte ihrem Finger und umfing das Bild des Gekreuzigten mit einem langen Blick. Dann neigte er mehrmals bejahend das Haupt. Von diesem Tag an erwähnte er mit keinem Wort die Qualen des Schwitzens, die sich bis zu seinem Tode fortsetzen sollten.
Hinzu kamen furchtbare Atemnot, entzündete Arme von den Injektionen, ein von Senfpflastern verbrannter und von Schröpfköpfen verwundeter Rücken mit vier großen Brandblasen. Der Kopf mußte aufgebunden werden, da ihn der Kaiser nicht mehr aufrecht zu halten vermochte. Es quälte den Kaiser auch die Ansteckungsgefahr für seine Kinder.
Die Ärzte sagten bisher keinen Fall von solcher Willensstärke erlebt zu haben. Der Kranke übte eine bewundernswerte Selbstbeherrschung, wobei er ungeachtet des hohen Fiebers und der Schmerzen seine geistigen Kräfte behielt und kontrollierte. Ein einziges Mal begrüßte er die Ärzte auf deutsch anstatt auf französisch.
Bis zuletzt versuchte er viel zu beten. Die behandelnden Ärzte weinten wie Kinder als sie sahen, daß es dem Ende zuging. Vor seinem Sterben sagte er. „Ich erkläre nochmals das Novembermanifest für null und nichtig, weil es erzwungen ist. Und kein Mensch kann mir das nehmen, daß ich der gekrönte König von Ungarn bin.”
Um 10 Uhr sagte der Kaiser: „Ich muß so viel leiden, damit meine Völker wieder zusammenfinden.” Um 12 Uhr 23 hatte der Kaiser dann ausgelitten.
Gebet:
Mein Herr und Gott, Kaiser Karl ist mit Dir geduldig den Kreuzweg gegangen. Hilf mir nach seinem Vorbild das Kreuz des Alltags in Liebe zu tragen. Gewähre mir mein Anliegen (...) auf die Fürsprache des seligen Kaiser Karl.
5. Tag:
Feindesliebe
Das Gebot der Feindesliebe übte der Kaiser auf heroische Weise.
Während seines Lebens vollzog er auf vorbildliche Weise immer wieder den Akt des Verzeihens. Die Krönung waren die Worte auf seinem Sterbelager: „Ich verzeihe allen meinen Feinden, allen, die mich beleidigt haben, und allen, die gegen mich arbeiten.”
Der Kaiser hatte während seines Lebens unter Lüge, Verleumdung und Beraubung schwer zu leiden gehabt.
Am 5. April 1925 schrieb Rudolf Brougier, ehemaliger Flügeladjutant Kaiser Karls in seinen Erinnerungen aus Kaiser Karls Thronfolgezeit 1916 ... „Echtes Gottvertrauen, reiche Herzensgüte, gewinnende Leutseligkeit, unermüdliche Pflichttreue, eine mehr als gute Begabung für militärische Dinge und ein nie versagendes Gedächtnis waren die Eigenschaften, die Erzherzog Karl als militärischen Führer auszeichneten. Seine Anlagen zur Einfachheit und Bescheidenheit waren durch eine konsequente Erziehung noch verstärkt worden. Ihm mangelte jede Pose, jedes Sich-inzenesetzen.
Bei allem natürlichen Frohsinn drückte ihn schon damals die Last der Verantwortung, die er einst werde tragen müssen. Der Mut und die persönliche Unerschrockenheit des Erzherzogs fand überall rückhaltlose Anerkennung; die Geringschätzung persönlicher Gefahr blieb auch dem Kaiser eigen, er hat sie in den schweren Zeiten immer neu bewahrt.
Dagegen fühlte er sich für das Wohl der Untergebenen im weitesten Sinne verantwortlich. Dieser Zug reiner Menschenliebe im Verein mit tiefer Religiosität bildete auch die mächtigste Triebfeder seiner beharrlichen Friedensbestrebungen. Dem Erzherzog-Thronfolger galt schon 1916 als höchstes Ziel, daß der Krieg bald und ehrenvoll für alle ein Ende finde; vom Tage des Regierungsantrittes angefangen setzte er all seine Kraft in dieser einen Richtung ein: die Völker seines Reiches vor weiteren Opfern zu bewahren und als Friedenskaiser über ein verjüngtes Österreich zu herrschen.“
Es ist schon hart, daß ein Mensch mit einem solchen edlen Charakter und solchen Tugenden erbittert bekämpft und versucht wurde, die Ehre seines guten Namens durch Lügen zu zerstören.
Nicht allein der persönliche Besitz wurde enteignet, sondern auch der gute Name durch Verleumdung niedergemacht.
Einige Heilige lehren, daß das Maß der Heiligkeit sich an der Fähigkeit zur Feindesliebe erkennen läßt. Angesichts dieses Kriteriums dürfen wir einen hohen Tugendgrad des Kaisers annehmen.
Gebet:
Mein Herr und Gott, Du lehrst uns im Vater-Unser, unseren Schuldigern zu verzeihen, damit auch wir Verzeihung finden. Hilf mir, nach dem Vorbild von Kaiser Karl erlittenes Unrecht verzeihen zu können. Gewähre mir mein Anliegen (...) auf die Fürsprache des Dieners Gottes Kaiser Karl.
6. Tag:
Der Familienvater
Eines der größten Opfer für Kaiser Karl war die Trennung von seinen Kindern, als er mit Kaiserin Zita in die Verbannung nach Madeira geschickt wurde. Die Kinder warteten in der Schweiz, bis Kaiserin Zita unter großen Schwierigkeiten dorthin reisen konnte und sie nach Madeira mitnehmen konnte.
Über das Wiedersehen heißt es:
„Am 2. Februar traf sie mit ihren Kindern - Erzherzog Robert ausgenommen - und begleitet von Erzherzogin Maria Theresia, in Funchal ein. Kaiser Karl stand am Molo. Der Jubel der Kinder war unbeschreiblich, als er sie auf dem Schiff begrüßte und stürmisch umarmte. Tränen liefen dem Kaiser über die Wangen, während er den kleinen Erzherzog Rudolf auf seinem Arm über die Schiffleiter hinabtrug. Die Begleitpersonen, die mit den Kindern gekommen waren, erschraken, wie müde und grau der Herrscher geworden war. Aber vergeblich forschten sie in seinem Gesicht nach einem Zug der Verbitterung und vergeblich horchten sie auf ein hartes Wort.”
(Prof. Dr. Zeßner-Spitzenberg, Ein Kaiser stirbt, Lins-Verlag, Altenstadt)
Während seiner Krankheit bereitete es dem Kaiser große Freude, wenn er durch das Fenster die Stimmen seiner Kinder hören konnte und wenn sie ihn riefen.
Während seiner tödlichen Erkrankung war er liebevoll besorgt wegen der Ansteckungsgefahr. Nur Erzherzog Otto wurde als sein Nachfolger an sein Sterbelager gerufen. Er schluchzte laut, als er seinen mit dem Tode ringenden Vater sah. Den übrigen Kindern wollte der Kaiser seelisches Leid ersparen.
Eines der letzten Gebete des Kaisers war, daß er kurz vor seinem Sterben alle seine Kinder namentlich nannte und sie besonders dem Schutz des Herrn empfahl. Erzherzogin Maria Theresia hörte den Wortlaut seines Gebets.
Gleich darauf hörte sie die Stimme des Kaisers: „Lieber Heiland, beschütze unsere Kinder: Otto, Mädi, Robert, Felix, Karl Ludwig .... Wie geht es weiter”? Die Kaiserin half ihm: „Rudolf”, und er fuhr fort: „Rudolf, Lotti und das ganz, ganz Kleine. Bewahre sie an Leib und Seele, laß sie lieber sterben als eine Todsünde begehen, Amen!
Dein Wille geschehe. Amen.”
(Entnommen aus: Zeßner-Spitzenberg).
Gebet:
Mein Herr und Gott, ich danke Dir, daß der selige Kaiser Karl seine Familie in völliger Bezogenheit auf Deinen Willen und Heilsplan so sehr geliebt hat. Gewähre mir mein Anliegen (...) auf die Fürbitte des seligen Kaiser Karl.
7. Tag:
Der Regent
Zeitzeugen rühmen das hohe Pflichtbewußtsein von Kaiser Karl. Das Kaiseramt verstand er als heiligen Dienst für die ihm anvertrauten Völker und Menschen. Er wollte als Vater für die Seinen wirken. Seine Nächstenliebe war vorbildlich. In einem Gespräch mit Graf Polzer-Hoditz am 28. April 1917 sagte er: „Es kommt doch nur darauf an zu helfen, soweit man eben helfen kann. Als Kaiser muß ich mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn jeder nur seine christlichen Pflichten ausüben würde, wären nicht so viel Haß und Elend auf der Welt”. Kaiser Karl gab den Befehl, Hofpferde und Hofwagen in den Dienst der Kohlenversorgung für die Wiener Bevölkerung zu stellen. Er half auch mit seinem Privatvermögen. Selbst aus seinem eigenen Wäscheschrank verschenkte er an Bedürftige.
1914 rief der Kaiser nach der Mobilmachung der Volksmenge, die nach Schloß Hetzendorf gekommen war zu: „Jeder, der mich kennt, weiß, wie sehr ich mit meinen Österreichern und Ungarn fühle. Ich darf in dieser Stunde nicht zurückstehen. Jeder, der mich kennt, weiß auch, wie sehr ich Soldat bin und als solcher für das Kriegshandwerk erzogen bin. Wie aber das Volk den Krieg als solchen - mag er auch gerecht sein - mit solchem Jubel begrüßen kann, das verstehe ich einfach nicht. Krieg ist doch etwas Entsetzliches.”
Dr. Friedrich Funder schrieb von Kaiser Karl 1938:
„Er war das einzige Staatsoberhaupt, das die Fortsetzung des Krieges aktiv zu verhindern suchte ...
er tat es mit Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit, bei Freund und Feind. Wäre es nach dem Willen und Bemühen Kaiser Karls gegangen, so wäre den am Kampf beteiligten Völkern der Verlust von Millionen Menschenleben, nicht nur von Österreichern, sondern auch dem Deutschen Volk tiefste Erniedrigung und Europa mit dem von Kaiser Karl erstrebten Vergleichsfrieden die bis heute dauernde Friedlosigkeit erspart worden.”
Kaiser Karl hatte die innerste Überzeugung, daß Gott ihm die Krone anvertraut hatte. Aus diesem Grunde war für ihn die Königskrönung in Ungarn von tiefster Bedeutung. Kaiserin Zita sagte darüber: Was Kaiser Karl am meisten an der Zeremonie beeindruckte, war die bewegende liturgische Seite. Besonders die Eide, die der König vor seiner Salbung am Altar schwor: Gerechtigkeit für alle zu üben und den Frieden zu erhalten. Diese heiligen Verpflichtungen, eingegangen in der Kathedrale, entsprachen auch genau dem Programm, das er vom Thron her durchführen wollte. Wir beide empfanden dies so stark, daß zwischen uns kaum Worte notwendig waren.
(Entnommen aus: Gordon Brook-Sheperd: Zita - Die letzte Kaiserin, Augsburg 1991).
„Durch die sakrale Zeremonie, die liturgisch in die Gruppe der Sakramentalien einzureihen ist, wurde der Herrscher das, was man ’von Gottes Gnaden’ nennt, in dem Sinne, daß er mit der göttlichen Gnade ausgestattet wird, einer spezifischen Standesgnade für sein hohes Amt, um die ihm anvertrauten Völker in Frieden und Wohlergehen zu ihrem Heil zu regieren. Das Zeremoniale der Krönung ist in das heilige Meßopfer eingebaut, es hat Anklänge an die feierliche Profeß, die Priester-, Abt- und Bischofsweihe, bei der der Kandidat sich vor dem Altar auf das Angesicht niederwirft und über ihm die Allerheiligenlitanei gebetet wird. Die Krönungszeremonie wird vom Primas von Ungarn, dem Erzbischof von Gran (Esztergom) zelebriert. Nach einem langen Gebet, in dem er dem Krönungskandidaten, der im Begriff steht, die heilige Ölung und die königlichen Insignien zu empfangen, alle seine Pflichten, die im einzelnen angeführt werden, vor Augen führt, wird klar, daß dieses Maß an ethischer Verpflichtung und moralischer Qualität ein so hohes ist, daß es die menschlichen Kräfte übersteigt und nur mit der Hilfe Gottes zu bewältigen ist.”
(Entnommen aus dem Artikel von Dr. Maria Holbacher,
Gebetsliga - Sonderdruck 1976)
Einzigartig ist die Treue von Kaiser Karl zu seiner königlichen Salbung. Lieber wählte er Verkennung, Verleumdung, Verbannung und völlige Armut, als seinem Krönungseid untreu zu werden. Nach seiner persönlichen Überzeugung konnte er niemals vor Menschen einen Thronverzicht erklären, da er die Krone unwiderruflich aus den Händen Gottes durch die Stellvertreter der Kirche empfangen hatte.
P. Marcus Carnot gegenüber, der ihn während seines Exils in der Schweiz seelsorglich betreute, äußerte der Kaiser: ...„Aber ich werde meinen Krönungseid niemals verletzen. Die Krone des hl. Stephan ist mir heilig. Man kann mir das Leben, aber nie, nie, nie meinen Eid und die hl. Krone rauben ...”
Kaiserin Zita folgte dem Vorbild ihres Gemahls und war ebenfalls nie zu bewegen, einen Thronverzicht zu leisten.
Gebet:
Mein Herr und Gott, ich danke Dir für die Treue Kaiser Karls zu seinen Standespflichten. Hilf mir, daß auch ich meine Obliegenheiten treu erfülle. Gewähre mir mein Anliegen (...) auf die Fürbitte des seligen Kaiser Karl.
8. Tag:
Treue Erfüllung des Willens Gottes
Kaiser Karl suchte in allem den Willen Gottes. Er war für ihn das oberste Prinzip seines Handelns.
Auf dem Sterbebett sagte er zu Kaiserin Zita: „Aufbegehren? Murren? Wenn man den Willen Gottes kennt, ist alles gut.” Und nach einer Weile: „Ich will Dir jetzt ganz klar sagen, wie es mit mir ist: Mein ganzes Bestreben ist immer, in allen Dingen den Willen Gottes möglichst klar zu erkennen und zu befolgen, und zwar auf das Vollkommenste.” Nach geraumer Zeit wiederholte er: „Nur nicht murren.”
Die Worte: „Dein Wille geschehe!” waren das Siegel des Lebens von Kaiser Karl, denn er wiederholte sie kurz vor er seine Seele in die Hände des Schöpfers legte. Kaiser Karl war reif für den Himmel geworden. Aus diesem Grunde konnte ihn der Herr zu sich rufen. Mit Christus konnte Kaiser Karl sagen: „Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat.” Kaiser Karl hatte die Sendung erhalten, seine Völker durch sein Amt als Regent zu Gott zu führen. Dabei erniedrigte sich dieser Herrscher zutiefst, sein Herrschen war demütiges Dienen. Immer kamen zuerst die anderen, sich selbst stellte er an die letzte Stelle. Kaiser Karl war ein marianischer Mensch.
Seine reine Seele spiegelte das „Fiat” der Gottesmutter wider. Viele Zeitzeugen berichten auch von seiner Liebe zur Keuschheit. In seiner Gegenwart verbat er sich strengstens unanständiges Reden.
Selbst während der Krankheit dachte er während seiner Fieberträume an seine Pflichten. „Bald waren es die Wiener Kinder, denen er Milch verschaffen wollte, bald sorgte er um einen Trunk Wasser für einen verschmachtenden tschechischen Soldaten im Lazarett. Und immer wieder quälte ihn die unterlassene Räumung Siebenbürgens vor dem Rumäneneinbruch, um die er in atemlosen Wortgefechten mit Tisz rang.”
(Entnommen aus Zeßner-Spitzenberg)
Selbst in großer Verlassenheit wußte Kaiser Karl zu sagen: „Ich bin dem lieben Gott dankbar für alles, was er schickt.” Kaiser Karl gehörte zu denen, die ihren Herrn und Meister am Ölberg nicht verließen, sondern inmitten größter Drangsale mit Ihm den Leidenskelch tranken. Er nahm den Willen des Vaters an, inmitten von Heimsuchungen, die in jeder Hinsicht ein normales Maß überschritten.
Gebet:
Mein Herr und Gott, ich danke Dir für das „Fiat” von Kaiser Karl in allen Lagen seines Lebens.
Hilf mir in allem Deinen Willen zu erkennen und zu erfüllen. Gewähre mir mein Anliegen (...) auf die Fürbitte des seligen Kaiser Karl.
9. Tag:
Der Liebling Mariens
Über das ganze Leben von Kaiser Karl ist der Schutzmantel Mariens gebreitet.
Wie Kaiser Karl von seiner himmlischen Königin geführt wurde, zeigt sich an den Ereignissen seines Lebens.
„Der 19. November (Ankunft auf Madeira) war ein Samstag. Einer der vielen schicksalhaften Tage im Leben des Kaisers, der an einem Samstage gefirmt worden war und die Großjährigkeit erreicht hatte, der an einem Samstag geheiratet hatte und der an einem Samstag zum König gekrönt war. An einem Samstag traf zu Beginn des ersten Restaurationsversuches der heimgekehrte König in Ungarn ein, und an einem Samstag vollzog sich die folgenschwere Ablehnung des Thronverzichtes, nachdem die zweite Ungarnfahrt gescheitert war. An einem Samstag sollte die Übersiedlung in das Nebelklima des Monte erfolgen. Und ein Samstag sollte jener 1. April sein, in dem Gott seinen Diener zu sich rief.”
(Entnommen aus: Zeßner - Spitzenberg)
An seinem Todestag fragte der Kaiser seine Gemahlin, welcher Tag sei. „Muttergottestag”, antwortete die Kaiserin. - „Samstag also”, bestätigte der Kaiser erfreut.
Der Leichnam Kaiser Karls ruht in der Marienkirche „Nossa Sennora do Monte” auf Madeira. Es ist vorbildlich, daß der Kaiser täglich den Rosenkranz betete. Die Perlen des Rosenkranzes, den ihm der hl. Papst Pius X. gesandt hatte, glitten durch seine Finger. Mochten die Regierungsgeschäfte noch so dringend sein, eine halbe Stunde nahm sich Kaiser Karl Zeit dafür.
Mit dem Rosenkranz in der Hand schlug Kaiser Karl die geistigen Schlachten seines Lebens. Als treuer Sohn Mariens ehrte er seine himmlische Mutter durch ihre Nachahmung. Bescheidenheit, demütiges Auftreten, ein offenes, freundliches und gewinnendes Wesen, stets auf den Willen Gottes bedacht und tiefe Versenkung während des Gebets waren die marianischen Grundzüge im Leben von Kaiser Karl. Sein Herz wurde wahrlich vom Schwert des Leidens durchbohrt und wie die Mutter hielt er unter dem Kreuz des Sohnes aus.
Gebet:
Mein Herr und Gott, ich danke Dir für die mütterliche Fürsorge Mariens im Leben von Kaiser Karl. Hilf mir, daß ich nach seinem Vorbild täglich treu und andächtig den Rosenkranz bete.
Gewähre mir mein Anliegen (...) auf die Fürbitte des seligen Kaiser Karl.